Nach der ersten Baueingabe war die Entrüstung in der Bevölkerung gross.
Die Einsprechenden schlossen sich mit weiteren an der Sache Interessierten zu einer Interessensgruppe Schadaugärtnerei (IGS) zusammen.
Die IGS war-und ist- überzeugt, dass die Anforderungen des ISOS (Inventar Schützenswerter Ortsbilder der Schweiz) weder bei der Zonenplanung der Stadt noch in den
Unterlagen zum Projektwettbewerb in genügender Weise berücksichtigt worden sind.
Um dies von unabhängiger Stelle beurteilen zu lassen, liess die Plattform Interessensgruppe Schadaugärtnerei ein Fachgutachten erstellen.
Auszüge aus dem Fachgutachten März 2012 von Sibylle Heusser*:
*Architektin, Leiterin ISOS, Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz
Geschichte
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Die Schadaugärtnerei wurde im 19. Jahrhundert als Ökonomiebereich im Zusammenhang mit dem heutigen Schloss Schadau durch die Familie de Rougemont erstellt.
Zusammen mit der Kirche Scherzligen, dem Fischerhaus und dem Schadaupark bildet die Gärtnerei das historische Ensemble schlechthin. Sie sind „die letzten Reste des Ortes Scherzligen“ und Teil
des Ortsbildes von nationaler Bedeutung der Stadt Thun.
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In einer Diplomarbeit von Steffen Roth (1995) wurden die vorhandenen Anlagen von Schadaupark und Schadaugärtnerei systematisch untersucht. Resultat der Arbeit
war die fundierte Herleitung, dass die Dependenzen und die Gärtnerei mit dem Park als Einheit geplant worden sind. Diese Einheit sei unbedingt auch für die Zukunft zu erhalten.
Heutige Situation
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Thun wurde im ISOS von nationaler Bedeutung eingestuft. Die Stadt mit all ihren Teilen - auch mit Scherzligen und der Schadau - ist demnach Objekt des
Bundesinventars.
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Die Betrachtung und Beurteilung des „Parks“ kann nicht auf jene Teile beschränkt bleiben, die heute als „Schadaupark“ bezeichnet werden. Die gestalterische
Einheit ist wesentlich grösser. Schadaugut, Gärtnerei, Ökonomiegebäude und Scherzligdörfli mit Kirche können davon nicht einfach abgekoppelt werden, nur weil Teile davon überbaut werden
sollen.
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Die Rougemnont`schen Bauten sind zusammen mit der Kirche und dem zugehörigen Landwirtschaftsbetrieb in ein rechtwinkligens System eingebunden.
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Die Bernischen Landsitze und Schlossanlagen waren immer auch Landwirtschafts- Betriebe. Im Falle der Schadau sind die Wirtschaftsbauten in einmaliger
Reichhaltigkeit und Vollständigkeit erhalten.
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Im Kanton Bern gibt es wohl keine, auch nur annähernd so bedeutende Gruppe des 19. Jahrhunderts mit allen für den eigenständigen Betrieb einer
hochherrschaftlichen Schlossanlage notwendigen Nebenbauten.
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Erst die Schadau machte Thun zu einer Stadt am See. Schadau und Altstadt sind die heutigen Pole des für Thun lebenswichtigen Tourismus.
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Der hohe architektonische Anspruch, mit dem das Schloss Schadau erbaut worden ist, findet auch Niederschlag in den Wirtschaftsbauten.
Empfehlungen
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Das Ensemble mit Kirche, Schadaugut, Schadaugärtnerei und Schdaupark samt seinen Bauten, Anlageteilen und Grünräumen sind integral zu erhalten.
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Der Park und seine Nachbarschaft mit der Scherzligkirche, mit Gärtnerei und Orangerie müssen in ihrer Rolle als Attraktion für die Stadt in der Zukunft massiv
gestärkt werden.
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Jeglicher Neubau innerhalb des Perimeters muss der höchst differenzierten Situation des gesamten Gebietes Rechnung tragen.
Fazit
Das Areal der Schadaugärtnerei ist grösstenteils als wesentliche Landreserve für die allfällige Erweiterung des Schadauparks vorzusehen.